Thomas S., 30 Jahre, Dipl.-Ing., Programmierer
Regine S., 28 Jahre‚ Musikpädagogin für Violine und Musiktheorie
„Jetzt fängt vieles nochmal von vorn an. Eine Menge kann ich mir nicht aussuchen. Ich kann mich nur für eine Haltung entscheiden: Es ist gut so – Es ist schlecht so.“
Alles hat sich verändert –
nichts hat sich verändert.
Durch die WENDE scheint mein bisheriges Leben zwischen Joghurtbechern und Coca – Büchsen auf den Müll gewandert zu sein. Wenn mein Leben doch anders verläuft, als das meines Vaters oder Großvaters, verbindet sich durch die WENDE wieder alles mit ihnen: aus dem „Zusammenbruch“ wurde die „Wende“. Und so wie ich mit meinem Vater über Deutschland 33 und 45 stritt, so werden sich vielleicht meine Söhne mit mir über die DDR streiten. Vor der WENDE waren die Fronten für mich klar: atheistischer Staat – ich Christ. Was nun? Aus herrschendem SED-Staat wurde herrschender DM-Staat. Und im Grunde genommen ist es egal, aus welcher Reihe man tanzt (SED/CDU), man wird schon merken, was man davon hat.
Was soll’s? Seit Frühjahr 90 bewegen mich eigentlich immer die gleichen Fragen: – Was tue ich eigentlich ? – Wieviel Zeit verwende ich für Wesentliches, wieviel für Unwesentliches ? – Was ist wirklich wichtig ? – Was bleibt eigentlich von meinem Leben ?
Ein polnisches Sprichwort: „Wer an die Quelle kommen will, muß gegen den Strom schwimmen.“ Ein erster Brief von Christen: „Wir verkündigen Jesus, den Gekreuzigten. Für die Juden eine Gotteslästerung – für die Griechen barer Unsinn.“
Von meinen großen Plänen habe ich immer mehr abgespeckt. Wo bin ich stehen geblieben? Erstmal muß ich mich selbst umkrempeln.
Die Liebe zu meiner Frau ist ein Geheimnis. Das erste spielt sich eigentlich zwischen Jesus und mir ab. Das zweite ist eben doch etwas allein zwischen meiner Frau und mir. Alle können uns beobachten, aber verstehen können es doch nur wir beide. Wie man einen Schatz erst suchen und heben muß, sehe ich jetzt, daß der Weg zu ihr Zeit braucht.
Jetzt fängt vieles nochmal von vorn an. Eine Menge kann ich mir nicht aussuchen. Ich kann mich nur für eine Haltung entscheiden: Es ist gut so – Es ist schlecht so.
Nun ist wieder soviel in meinem Kopf, daß ich noch Seiten füllen könnte. Also, einen Klügeren bemühen, König David: „Das Leben des Menschen gleicht dem Gras, es blüht wie eine Blume auf der Wiese. Ein heißer Wind kommt – schon ist sie verschwunden. Und wo sie stand, bleibt keine Spur zurück. Doch unvergänglich ist die Güte Gottes.“
Oder: „Und über dem allen, mein Sohn, laß dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel studieren macht den Leib müde. Laßt uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das gilt für alle Menschen.“
Wie vor der WENDE fahre ich in der Straßenbahn zur Arbeit. Alles hat sich verändert – nichts hat sich verändert.
Doch. Die DM hat mich am A… . Ich muß mir eine neue Arbeitsstelle suchen, rat‘ mal in welcher Himmelsrichtung? Den Weg, über den ich die Nase gerümpft habe, gehe ich nun selber.
Schluß jetzt. Man lernt eben nie aus. Das neue Deutsch für DDR – Bürger: mit freundlichen Grüßen …..
Thomas S., Dezember 1990
Durch die WENDE scheint mein bisheriges Leben zwischen Joghurtbechern und Coca – Büchsen auf den Müll gewandert zu sein. Wenn mein Leben doch anders verläuft, als das meines Vaters oder Großvaters, verbindet sich durch die WENDE wieder alles mit ihnen: aus dem „Zusammenbruch“ wurde die „Wende“. Und so wie ich mit meinem Vater über Deutschland 33 und 45 stritt, so werden sich vielleicht meine Söhne mit mir über die DDR streiten. Vor der WENDE waren die Fronten für mich klar: atheistischer Staat – ich Christ. Was nun? Aus herrschendem SED-Staat wurde herrschender DM-Staat. Und im Grunde genommen ist es egal, aus welcher Reihe man tanzt (SED/CDU), man wird schon merken, was man davon hat.
Was soll’s? Seit Frühjahr 90 bewegen mich eigentlich immer die gleichen Fragen: – Was tue ich eigentlich ? – Wieviel Zeit verwende ich für Wesentliches, wieviel für Unwesentliches ? – Was ist wirklich wichtig ? – Was bleibt eigentlich von meinem Leben ?
Ein polnisches Sprichwort: „Wer an die Quelle kommen will, muß gegen den Strom schwimmen.“ Ein erster Brief von Christen: „Wir verkündigen Jesus, den Gekreuzigten. Für die Juden eine Gotteslästerung – für die Griechen barer Unsinn.“
Von meinen großen Plänen habe ich immer mehr abgespeckt. Wo bin ich stehen geblieben? Erstmal muß ich mich selbst umkrempeln.
Die Liebe zu meiner Frau ist ein Geheimnis. Das erste spielt sich eigentlich zwischen Jesus und mir ab. Das zweite ist eben doch etwas allein zwischen meiner Frau und mir. Alle können uns beobachten, aber verstehen können es doch nur wir beide. Wie man einen Schatz erst suchen und heben muß, sehe ich jetzt, daß der Weg zu ihr Zeit braucht.
Jetzt fängt vieles nochmal von vorn an. Eine Menge kann ich mir nicht aussuchen. Ich kann mich nur für eine Haltung entscheiden: Es ist gut so – Es ist schlecht so.
Nun ist wieder soviel in meinem Kopf, daß ich noch Seiten füllen könnte. Also, einen Klügeren bemühen, König David: „Das Leben des Menschen gleicht dem Gras, es blüht wie eine Blume auf der Wiese. Ein heißer Wind kommt – schon ist sie verschwunden. Und wo sie stand, bleibt keine Spur zurück. Doch unvergänglich ist die Güte Gottes.“
Oder: „Und über dem allen, mein Sohn, laß dich warnen; denn des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel studieren macht den Leib müde. Laßt uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das gilt für alle Menschen.“
Wie vor der WENDE fahre ich in der Straßenbahn zur Arbeit. Alles hat sich verändert – nichts hat sich verändert.
Doch. Die DM hat mich am A… . Ich muß mir eine neue Arbeitsstelle suchen, rat‘ mal in welcher Himmelsrichtung? Den Weg, über den ich die Nase gerümpft habe, gehe ich nun selber.
Schluß jetzt. Man lernt eben nie aus. Das neue Deutsch für DDR – Bürger: mit freundlichen Grüßen …..
Thomas S., Dezember 1990
1982 habe ich mich konfirmieren lassen. Aber erst in den letzten Jahren versuche ich bewußt als Christin zu leben. So halte(n) ich, bzw. wir es für wichtig, daß ich in den Jahren, wo unsere Kinder mich noch voll benötigen, ganz für sie da bin. Besonders dann, wenn mein Ehemann Thomas mit großer Wahrscheinlichkeit eine Tätigkeit in einer anderen Stadt (im westlichen Teil Deutschlands) aufnehmen wird und wir uns dann nur noch an den Wochenenden sehen werden. Damit gebe ich auch meinem Mann die nötige Ruhe zu diesem Schritt. Den Weg gehen wir im Glauben. Da gibt es nicht nur eine berufliche Probezeit für Thomas, sondern auch eine Bewährung für unsere Ehe. (Heilige Schrift 1. Korinther 13;13: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“)
Gott hat mir Gaben geschenkt. Es ist nicht in seinem Sinne, diese verkümmern zu lassen. So liegt es in meiner Hand, mich mit Disziplin und Willen auf musikalischem Gebiet weiterzubilden. (Teilnahme an Kursen musikalischer Früherziehung, eigenes Üben, Literaturstudium usw.) Thomas hat mir dabei auch immer geholfen und es mir ermöglicht, an den verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Wenn unsere Kinder selbständig sind, möchte ich wieder in meinem Beruf arbeiten. Von der Gesellschaft wünsche ich mir, daß sie den Hausfrauen zu einem leichteren Einstieg in den Beruf verhilft.
Gedanken zur Wende: Ich bedauere es sehr, daß die DDR sich bedingungslos der BRD unterworfen hat. Gab es keinen eigenständigen Weg?! Für diesen Weg hätte es sich gelohnt zu kämpfen – auch für mich.
Besonders in der jetzigen Zeit, wo die Vereinsamung der Menschen auch auf dem östlichen Teil Deutschlands zunimmt, wo nur noch der Wohlstand und das Geld regieren, möchte ich mich noch mehr für andere Menschen öffnen, lernen auf sie zuzugehen, um zu helfen.
Ich möchte noch kritischer gegenüber mir und der Umwelt werden, Vergebung lernen und üben, sowie demütig und dankbar sein. Denn bei allen Schwierigkeiten, die wir jetzt haben und die noch auf uns zukommen werden, geht es uns immer noch sehr gut. Wir dürfen nicht die vielen armen Menschen vergessen, die es auf der ganzen Welt gibt.
Regine S., Dezember 1990
Gott hat mir Gaben geschenkt. Es ist nicht in seinem Sinne, diese verkümmern zu lassen. So liegt es in meiner Hand, mich mit Disziplin und Willen auf musikalischem Gebiet weiterzubilden. (Teilnahme an Kursen musikalischer Früherziehung, eigenes Üben, Literaturstudium usw.) Thomas hat mir dabei auch immer geholfen und es mir ermöglicht, an den verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Wenn unsere Kinder selbständig sind, möchte ich wieder in meinem Beruf arbeiten. Von der Gesellschaft wünsche ich mir, daß sie den Hausfrauen zu einem leichteren Einstieg in den Beruf verhilft.
Gedanken zur Wende: Ich bedauere es sehr, daß die DDR sich bedingungslos der BRD unterworfen hat. Gab es keinen eigenständigen Weg?! Für diesen Weg hätte es sich gelohnt zu kämpfen – auch für mich.
Besonders in der jetzigen Zeit, wo die Vereinsamung der Menschen auch auf dem östlichen Teil Deutschlands zunimmt, wo nur noch der Wohlstand und das Geld regieren, möchte ich mich noch mehr für andere Menschen öffnen, lernen auf sie zuzugehen, um zu helfen.
Ich möchte noch kritischer gegenüber mir und der Umwelt werden, Vergebung lernen und üben, sowie demütig und dankbar sein. Denn bei allen Schwierigkeiten, die wir jetzt haben und die noch auf uns zukommen werden, geht es uns immer noch sehr gut. Wir dürfen nicht die vielen armen Menschen vergessen, die es auf der ganzen Welt gibt.
Regine S., Dezember 1990